Zweckverband für
psychologische Beratungen und Hilfen

25. März 2020

Hilfreicher Elternbrief der Schulpsychologie Dortmund

Liebe Eltern,

wir erleben gerade eine Situation, die für uns alle neu ist und die in unserer Gesellschaft so bisher noch nicht aufgetreten ist. Ganz natürlich ist, dass nun jeder von uns nach guten und hilfreichen Wegen sucht, die aktuellen Herausforderungen anzugehen. Wir erkennen, dass viele Maßnahmen, die wir uns lange nur in der Theorie überlegt haben, gut funktionieren. Wir erkennen auch, dass manche vielleicht noch nicht so funktionieren, wie wir uns das vorgestellt haben und ggf. angepasst werden müssen. Wir entdecken dabei aber auch unsere Fähigkeit, in ernsten Situationen kreative und unbürokratische Lösungen zu finden.

In der aktuellen Situation rund um das Coronavirus stellen sich in erster Linie zunächst einmal viele medizinische Fragen. Dadurch, dass Menschen mit Verunsicherung reagieren oder eine bevorstehende oder angeordnete Quarantäne belastend wirken kann, kommen zunehmend jedoch auch psychologische Fragen mit ins Spiel. Wir möchten daher die Gelegenheit nutzen, Punkte zu benennen, die sich aus unserer Erfahrung in schulischen Krisen als hilfreich erwiesen haben.

Wie kann ich mein Kind in dieser Situation gut begleiten?

Kinder orientieren sich in ungewohnten Situation stärker als sonst am Verhalten ihrer Eltern. Sie nehmen wahr, ob Eltern unsicher oder ruhig reagieren. Es kann vorkommen, dass Kinder die Signale, die sie bei ihren Eltern wahrnehmen, kopieren und sogar intensivieren. Kinder profitieren in ernsten Situationen sehr, wenn ihre Eltern ruhig und besonnen reagieren.

Bleiben Sie ruhig.

Vielen von uns gelingt es bereits sehr gut, ruhig und besonnen zu bleiben. Doch je nach Lebenslage kann dies auch schwierig sein. Wie kann man es also zum eigenen Wohle und des Wohles des Kindes schaffen bei aller Dynamik der Situation ruhig zu bleiben. Folgende Punkte haben sich bewährt:

Bleiben Sie informiert.

Es hat sich herausgestellt, dass es ausgesprochen wichtig ist, auf die Qualität von Informationsquellen zu achten. Das Robert-Koch-Institut hält aktuelle Informationen über die Entwicklung der Lage bereit und verlinkt auf eine Seite, die Hinweise zum Infektionsschutz bietet. Die Internetseite des Robert-Koch-Institutes ist als sichere Quelle für Informationen empfehlenswert: www.rki.de.

Auch die Informationen, die die örtlichen Gesundheitsämter bereithalten, sind eine hilfreiche Orientierung. Falls es irgendwie herstellbar ist, wird auch die Schulleitung der Schule Ihres Kindes den Kontakt zu Ihnen aufrechterhalten. Hierüber erhalten sie gesicherte Informationen des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes NRW. Auch diese Informationen sind für Sie relevant.

Leider zeigt die Erfahrung, dass die Kommunikation in WhatsApp Gruppen o.ä. eher belastend wirkt. Oftmals werden in diesen Gruppen ungewollt Inhalte verbreitet, die gefärbt und ggf. überspitzt wiedergegeben werden. Um ruhig zu bleiben, empfiehlt es sich daher, zum Thema „Coronavirus“ ausgedehnte Diskussionen innerhalb dieser Kanäle zu meiden oder zumindest auf ein Minimum zu reduzieren. Bitte bedenken Sie auch, wie schnell sich eventuell ungesicherte Informationen unkontrolliert über die sozialen Medien verbreiten können, selbst, wenn der Absender dies vielleicht gar nicht bewusst beabsichtigt hat.

Schaffen Sie bewusst ein Gegengewicht zu negativer Berichterstattung.

Unser Gehirn ist so aufgebaut, dass es Gefahren schneller erkennt und diesen eine höhere Bedeutung beimisst, als Informationen, die darauf hinweisen, dass alles in Ordnung ist. Für das Überleben einer Art war und ist es sogar von Vorteil, Gefahren ein wenig über zu bewerten. Besser man schreckte einmal zu viel hoch, als einmal zu wenig. Dieser gelungene Mechanismus unseres Gehirns wird in der heutigen Zeit durch Informationen, die rund um die Uhr zur Verfügung stehen, phasenweise zum Problem.

Die Fülle an Nachrichten, die uns auf potentielle Gefahren hinweisen, führt dazu, dass sich einige Menschen dauerhaft unter Anspannung befinden. Wenn Sie merken, dass die ständige Beschäftigung mit ernsten Themen es Ihnen unmöglich macht ruhig zu bleiben, empfiehlt es sich erst recht, die Wahl der Informationsquelle sehr bewusst zu wählen. Sachliche Nachrichtenportale sind in diesem Falle den reißerischen vorzuziehen. Auch kann es helfen, feste Zeiten für die Informationsbeschaffung festzulegen, indem man sich beispielsweise ganz bewusst nur morgens und abends den Medien oder Nachrichten widmet.

Hilfreich kann zudem sein, ganz bewusst ein Gegengewicht zu den aktuell wichtigen, aber eben auch herausfordernden Themen zu schaffen und sich auch mit guten Nachrichten zu befassen. Hierfür gibt es Nachrichtenportale wie beispielsweise Good News (https://goodnews.eu/) oder Gute Nachrichten (https://www.gute-nachrichten.com.de/).

Wie spreche ich mit meinem Kind über die Situation?

Wenn Sie es schaffen, selbst ruhig und gut informiert zu sein, wird ein Gespräch mit Ihrem Kind sehr wahrscheinlich für Sie beide entlastend wirken. Es hat sich als hilfreich herausgestellt, das Kind zu fragen, was es schon weiß. So erfährt man mitunter Fehlinformationen, die auch Ihr Kind schon erreicht haben und es vielleicht auch belasten. Sie haben dann die Gelegenheit diese zu korrigieren. Bei Fragen Ihres Kindes, ist es ratsam darauf zu achten, dass Sie nur das beantworten, wonach das Kind gefragt hat. Seien Sie ehrlich ohne zu dramatisieren. Kinder haben ein Bedürfnis, die Welt um sie herum zu verstehen. Antworten, die sachlich bleiben, bedienen dieses Bedürfnis. Wenn Sie gefragt werden, können Sie auch über Ihre Gefühle sprechen, die die ungewohnte Situation bei Ihnen auslöst. Doch seien sie hier zurückhaltend. Kinder schwingen emotional schnell mit, haben aber oftmals nicht die ausgeprägten Fähigkeiten ihre Emotionen dann wieder zu regulieren.

Wählen Sie einen positiven Ausstieg aus dem Gespräch.

Gerade, wenn Kinder Verunsicherung oder Ängste zeigen, ist es umso wichtiger, neben den natürlich notwendigen Hinweisen zur Achtsamkeit und Vorsicht auch auf die – ebenfalls vorhandenen – beruhigenden Informationen einzugehen, über die wir aktuell verfügen.  Dazu zählen z.B. folgende Punkte:

Nicht jeder Kontakt mit einer infizierten Person, führt zwangsläufig zu einer Ansteckung. Nicht jede Ansteckung führt zu einem schweren Krankheitsverlauf. Laut Robert-Koch-Institut gab es am 12.03.20 in Deutschland 2.369 bestätigte Infektionen, davon sind 5 Menschen verstorben. An diesen Zahlen wird deutlich, dass die allermeisten Menschen, die an dem Coronavirus erkranken, dieses überleben. Menschen unter 50 Jahren überleben eine Erkrankung sogar noch häufiger. Kinder zeigen einen eher milden Verlauf der Krankheit und in Deutschland gab es noch keinen Todesfall eines Kindes durch das Coronavirus.

Darüber hinaus leben wir in einem Land, das zu den medizinisch fortschrittlichsten Ländern der Welt gehört. Hochprofessionelle Menschen arbeiten mit Hochdruck an der bestmöglichen Lösung der Situation. Die Maßnahmen zum Infektionsschutz sind wirksam. Jeder Einzelne kann also etwas tun, um sich und andere zu schützen.

Es ist also richtig: Nehmen Sie die Situation ernst, bleiben Sie informiert, bleiben Sie ruhig, gehen Sie auf das Bedürfnis Ihres Kindes, die Situation zu verstehen sachlich ein und setzen Sie auf einen hoffnungsstiftenden Ausstieg aus dem Gespräch.

In Bezug auf die aktuelle Aussetzung des Unterrichtsbetriebes versuchen Sie, das Gute im Schlechten zu sehen. Planen Sie mit Ihrem Kind, wie man die gemeinsame Zeit nutzen kann. Kinder überraschen uns mit ihren Einfällen. Lassen Sie sich vom Wunsch Ihres Kindes nach gemeinsamen Aktivitäten (spielen, lesen, lachen, Urlaubsbilder sortieren) anstecken und von nichts anderem.

 

mit freundlicher Genehmigung von Dr. Sebastian Selge