Zweckverband für
psychologische Beratungen und Hilfen

23. Juni 2017

Iserlohn zum Hinschauen bewegen

 

RZ_Iserlohn_schaut_hin_Plakat_596x842mmAngehende Gestaltungstechnische Assistenten des Berufskollegs Hansaallee haben Plakate entworfen, um Sensibilität zum Thema „sexueller Missbrauch von Kindern“ zu fördern.

Sexueller Missbrauch von Kindern wurde im vergangenen Jahr auf Iserlohner Boden elf Mal bei der Polizei zur Anzeige gebracht, 2015 waren es sogar fünf Fälle mehr. Beim Zweckverband für psychologische Beratungen und Hilfen kümmert sich Ursula Brandtstedt um durchschnittlich 120 Betroffene aus dem Kreisgebiet. Tendenz steigend, wie die Diplom-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin erklärt und auf die nicht einzuschätzende Dunkelziffer verweist. „Opfern, vor allem Kindern, fällt es oft schwer, vom Missbrauch zu erzählen oder zu erklären, was ihnen geschehen ist“, sagt Ursula Brandt­stedt.

Sie hat mit zwei Klassen des Berufskollegs an der Hansaallee jetzt intensiv zum Thema „Sexueller Missbrauch von Kindern“ gearbeitet. Denn die angehenden Gestaltungstechnischen Assistenten (GTA) mit dem Schwerpunkt Grafik und Objektdesign werden traditionell mit einer Plakatkampagne beauftragt, die sie in Zusammenarbeit mit dem Jugend- und Ordnungsamt planen. Jürgen Lensing vom Jugendamt sagt: „Die Schüler dürfen erst einmal alle Themen vorschlagen, die ihnen vorschweben – nur jugendrelevant sollten sie sein.“ Mit dem Leiter des Fachbereichs Gestaltung, Holger Albertini, geht Lensing die Liste durch.

Bisher nur durch Nachrichten mit dem Thema befasst

Nachdem die Entscheidung gefallen war, haben die 17- bis 23-Jährigen zunächst eine Einführung von Jürgen Lensing und Ursula Brandtstedt bekommen, anschließend mussten sie selbst recherchieren. „Bisher hatte ich nur mit dem Thema zu tun, wenn in den Nachrichten davon die Rede war“, sagt Aileen Asbeck, die sich mit ihrem Entwurf gegen ihre Mitschüler durchgesetzt hat. Jeweils drei Plakate wurden eingereicht, so dass die Jury am Ende zwischen 120 Plakaten auswählen musste.

Die Siegerin hat sich für ein Lego-Männchen mit traurigem Gesichtsausdruck entschieden. „Ich dachte, bei dem Thema ist Spielzeug naheliegend. Man assoziiert es mit Kindern“, erklärt die 21-Jährige, die seit der Arbeit am Plakat einen ganz anderen Blick für das Thema bekommen hat. „Eine Mitschülerin hat schon selbst eine Tochter, man will ja nicht, dass ihr oder einem anderen Kind etwas passiert. Ich war besonders schockiert von der Dunkelziffer“, sagt Aileen Asbeck.

Sie erhielt von Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens gestern im Rahmen der Ausstellungseröffnung nicht nur eine Urkunde, sondern auch das Preisgeld von 300 Euro. „Sexueller Missbrauch von Kindern ist ein höchst sensibles Thema, das leider hochaktuell ist. Es wird immer noch als Randerscheinung, nicht aber als allgegenwärtig angesehen“, erklärte Ahrens, der „offene Augen als beste Prävention“ bezeichnete. Ähnlich sieht es auch Polizeisprecher Dietmar Boronowski, der auf Bitte unserer Zeitung die eingangs erwähnten Zahlen zur Verfügung gestellt hat: „Man kann nicht oft genug sensibilisieren.

Junge Leute hatten eine doppelt schwere Aufgabe

Und so steht es auch auf dem Plakat, das bald an vielen Stellen im Iserlohner Stadtgebiet zu sehen sein wird: „Iserlohn schaut hin!“ Ebenfalls darauf zu finden ist die Telefonnummer des Zweckverbandes für psychologische Beratungen und Hilfen. Nicht nur deswegen freut sich Ursula Brandtstedt über die Kampagne: „Die Schüler hatten ja eine doppelt schwierige Aufgabe: einerseits die Auseinandersetzung mit dem Thema, andererseits den Auftrag, Erwachsene mehr für potenzielle Opfer zu sensibilisieren.“ Dass das tatsächlich eine Herausforderung war, unterstreicht auch Lehrerin Kathrin Beermann: „Wir haben uns oft gefragt, inwieweit wir provozieren dürfen, wann wir Grenzen überschreiten.“

Quelle: Jennifer Katz, ikz-online vom 23.06.2017